Kevin Wittke Gast bei Transfermarkt.deKevin Wittke ist Stammspieler und Leistungsträger beim Traditionsverein Waldhof Mannheim. Wie er mit den finanziellen Problemen des SVW in der Hinrunde umging und wo er seine Zukunft sieht, besprach er mit Sven Bauer (Lapdog).
Transfermarkt.de: Herr Wittke, Sie haben eine bewegte Laufbahn hinter sich. Angefangen haben Sie beim Traditionsverein Carl Zeiss Jena. Wie war Ihre Jugendzeit dort?
Kevin Wittke: Meine Jugendzeit beim FC Carl Zeiss Jena war sehr schön. In den zwölf Jahren, die ich dort Fußball gespielt habe, waren alle Voraussetzungen geschaffen, um sich stetig weiter zu entwickeln. Die enge Verbindung zwischen dem Sportgymnasium und dem Verein war und ist immer noch ein Aushängeschild für den (Nachwuchs-)Fußball in Deutschland. Als es mit 17, 18 Jahren in der A-Jugend anfing, ernst zu werden und man schon ab und an mal bei den Profis trainieren durfte, kam auch das ein oder andere Angebot von großen Vereinen. Aber da mir meine schulische Ausbildung sehr wichtig war, und wie gesagt die Symbiose zwischen Schule und Fußball in Jena perfekt war (ist), wollte ich mein Abitur in Jena beenden und habe aus diesem Grund der Verlockung erstmal widerstanden.
Transfermarkt.de: Durch sehr gute Leistungen haben Sie auf sich aufmerksam machen können, hatten verschiedene Angebote und entschieden sich für den SV Werder Bremen. Was gab den Ausschlag und wer hat sich besonders um Sie bemüht?
Kevin Wittke: Der SV Werder Bremen und der FC Carl Zeiss Jena (damals Oberliga) wurden Kooperationspartner und die Scouts und Trainer vom SVW sahen sich auch in Jena um. Zu dieser Zeit war es leider so, dass der damalige Trainer des FCC den Nachwuchsspielern eher sehr wenige Chancen gab, im Seniorenfußball reinzuschnuppern, um sich weiterentwickeln zu können. Da dies am Ende des letzten A-Jugend-Jahres war, habe ich mir natürlich meine Gedanken gemacht, wie es weitergehen könnte. Eine Einladung des SVW, mir mal das Gelände in Bremen anzuschauen und Gespräche mit den Trainern beeindruckten mich so sehr, dass ich beschloss, dieses Angebot anzunehmen und mich der zweiten Mannschaft des SVW anzuschließen. Um aber mein Abitur nicht wegzuschmeißen, wurde es mir ermöglicht, mein letztes Schuljahr in Bremen zu beenden.
Transfermarkt.de: Sie haben bei Werder drei Jahre verbracht, den endgültigen Durchbruch aber nicht geschafft. Woran lag es? Wie bewerten Sie rückblickend die Zeit beim SVW?
Kevin Wittke: Es ist schwer, genaue Gründe wiederzugeben, warum ich den endgültigen Durchbruch in Bremen nicht geschafft habe. Ich glaube, da müssen sie die Verantwortlichen fragen, die können das bestimmt besser einschätzen als ich. Ich weiß nur, ich hatte drei sehr lehrreiche Jahre in Bremen. Ich denke, ich habe mich in allen Bereichen des Fußballs und des Lebens weiterentwickelt. Die Erfahrung gemacht zu haben, mit dem damaligen deutschen Meister zu trainieren und Bundesliga-Fußball hautnah miterlebt zu haben, gibt mir heute noch den Willen und das positive Denken, sich mit jeder Trainingseinheit sowie jedem Spiel verbessern zu wollen.
Transfermarkt.de: Was ist Ihnen besonders gut in Erinnerung, was weniger?
Kevin Wittke: Besonders gut in Erinnerung ist mir eigentlich mein erstes Jahr beim SVW, wir spielten eine super Regionalliga-Saison und keiner hatte damit gerechnet, dass ich es ohne große Anlaufschwierigkeiten zum Stammspieler in der U23 schaffen würde.
Der Teil, der mir gerne erspart geblieben wäre, war der erste Trainingstag in meiner zweiten Saison für den SVW. Mir wurde mitgeteilt, dass ich aufgrund der gezeigten guten Leistungen in der U23 die Vorbereitung bei den Profis mitmachen dürfte - und ein paar Stunden später lag ich mit Bänderriss im Knöchel beim Arzt und das Thema war erledigt…
Transfermarkt.de: 2006 lief Ihr Vertrag aus, Sie waren ein halbes Jahr vereinslos. Was war der Grund und hatten Sie in dieser Zeit Zweifel bezüglich Ihrer Fußballkarriere?
Kevin Wittke: Das Jahr 2006 war insgesamt eine sehr prägende Zeit für mich. Mein Vertrag in Bremen lief aus und aufgrund des noch guten Drahtes zum FC Carl Zeiss Jena und mündlichen Vereinbarungen mit dem Verein habe ich den Weg zurück in meine Heimat gesucht und eigentlich auch gefunden. Somit gab es für mich auch keinen Grund mehr, in Kontakt mit anderen Vereinen zu treten. Ein Fehler, wie sich herausstellen sollte. In Jena angekommen und vom Umfeld mit positiver Resonanz bedacht, wurde ich von verschiedenen Personen im Verein sehr enttäuscht und im Stich gelassen. Ich möchte keine sogenannte “dreckige Wäsche” waschen, dazu habe ich noch zu viel gute Verbindungen und Erinnerungen mit dem Verein, aber letztendlich führte das Ganze für mich zum Arbeitsamt. Für einen Wechsel zu einem anderen Verein war es leider zu spät, alle Kader waren voll und kurz vor dem Saisonbeginn. Es begann für mich ein nicht so einfaches halbes Jahr. Es war hart zu sehen, wie die Kollegen von Woche zu Woche in ihren Vereinen spielten und ich nur zuschauen konnte. Selbstzweifel kamen mir in dieser Zeit dennoch nicht, ich hoffte und wusste, irgendwann hat dies ein Ende.
Transfermarkt.de: Wie kam dann im Winter der Kontakt zu Waldhof Mannheim zustande und welche kurzfristigen Ziele hatten Sie?
Kevin Wittke: Der Kontakt zum SV Waldhof kam kurioser Weise durch ein Probetraining bei einem anderen Verein zustande. Dort war ich Anfang 2007 knapp 10 Tage im Training und hinterließ laut Trainerstab einen guten Eindruck. Da diese aber nicht meinen Spielertyp suchten und guten Kontakt zum SV Waldhof hatten, empfahlen sie mich glücklicherweise den Mannheimern. Nach einem Testspiel in Mannheim kam es zu einem Vertragsangebot und ich schloss mich somit dem traditionsreichen SV Waldhof an. Meine kurzfristigen Ziele waren damals mit der Mannschaft eine gute Rückrunde zu spielen und persönlich wieder viel Wettkampfpraxis zu sammeln, die ich ja ein halbes Jahr versäumt hatte.
Transfermarkt.de: Sie erhielten regelmäßige Einsätze, etablierten sich in der neuen Saison direkt als Stammspieler. Hatten Sie so schnell damit gerechnet?
Kevin Wittke: In der neuen Saison gab es im Verein einen sehr großen Umbruch, eine völlig neu zusammengestellte Mannschaft sollte den Aufstieg beziehungsweise die Qualifikation für die neu geschaffene Regionalliga bewerkstelligen. Es wurden viele namhafte erfahrene Spieler verpflichtet und ich wusste, einfach wird es nicht, sich da durchzusetzen. Nach anfänglichen Schwierigkeiten konnte ich mir aber einen Stammplatz erarbeiten und mit der gesamten Mannschaft eine steinige, aber erfolgreiche Saison spielen.
Transfermarkt.de: In der Saison 07/08 schaffte man den Aufstieg in die neue Regionalliga. War es dann eigentlich egal, dass man den ersten Platz nicht erreichte?
Kevin Wittke: Natürlich war es dann auch egal, welchen der ersten vier Plätze wir belegen würden. Das Wichtige war einfach, dass wir es schaffen, ob nun Erster oder Vierter... Letztendlich hatte keine Mannschaft mehr davon, egal, welcher der ersten vier es geworden ist. Immerhin haben wir uns ja auch “schon” im vorletzten Spiel für die Regionalliga qualifiziert.
Transfermarkt.de: In der laufenden Saison steht der SVW im Aufstiegskampf, konkurriert mit Kassel, Heidenheim, Nürnberg II, Frankfurt II und Ulm um den Platz 1, der zu einem Platz in der 3. Liga führt. Wer wird aufsteigen und warum?
Kevin Wittke: Erst einmal finde ich ist es schade, dass nur eine Mannschaft in die dritte Liga aufsteigt. Vom Potenzial, der Tradition und der Mannschaftsstärke her hätten es sicherlich ein, zwei Mannschaften mehr verdient aufzusteigen. Wer es letztendlich machen wird, ist wirklich schwer einzuschätzen. Ich glaube, das wird bis zum letzten Spieltag eine enge Angelegenheit. Was uns betrifft, wir schauen von Spiel zu Spiel und versuchen, an der Spitze dranzubleiben. Was dann letztendlich bei rumkommt, werden wir sehen. Wie gesagt, in dieser Liga ist alles möglich…
Transfermarkt.de: Viele loben die Stimmung der Zuschauer in Mannheim. Wie sehen Sie das?
Kevin Wittke: Zurecht, kann ich da nur sagen. Ich denke, das gibt es, wenn überhaupt, nur sehr wenig in der vierten und dritten Liga! Natürlich hängt das Ganze sehr davon ab, wie erfolgreich die Mannschaft spielt und gegen wen. Aber ich glaube, das ist ja überall so. Aber wenn irgendwas in Mannheim erstklassig ist, dann die Stimmung Freitag Abends unter Flutlicht bei einem Spitzenspiel im Carl-Benz-Stadion!
Transfermarkt.de: Negativ sind die finanziellen Probleme in Mannheim. Wie spüren Sie das und was bedeutet das Ganze für Sie?
Kevin Wittke: Das sah ja in der Hinrunde, als das Thema auf den Tisch kam, ganz anders aus. Da flogen uns jeden Tag negative Schlagzeilen, ob nun der Wahrheit entsprechend oder nicht, um die Ohren. Und damit richtig umzugehen war für alle Beteiligten schwer. Aber seitdem wir Spieler uns entschlossen haben, dem Verein entgegenzukommen und auf Geld zu verzichten, ist die Rückrunde bisher in geordneten Bahnen verlaufen und wir versuchen trotz aller Schwierigkeiten im Verein, uns die Tür für die dritte Liga so lange wie möglich offen zu halten. Mittlerweile ist, was das Thema der finanziellen Probleme angeht, mehr oder weniger Ruhe eingekehrt beziehungsweise werden wir Spieler momentan damit eher weniger konfrontiert.
Transfermarkt.de: Wie wichtig sind Routiniers wie Marco Laping und Christof Babatz in diesem Zusammenhang für die Mannschaft?
Kevin Wittke: Natürlich spielen in diesem Zusammenhang unsere erfahrene Routiniers als Wortführer eine wichtige Rolle. Aber wie eigentlich alle anderen Spieler auch mussten sie sich selbst noch nicht mit solchen Problemen in ihrer Karriere auseinandersetzen. Und somit lag es an jedem Einzelnen, sich trotz aller negativen Umstände weiterhin auf das Wesentliche, nämlich das Fußballspielen, zu konzentrieren, und das war schwer genug.
Transfermarkt.de: Ihr Vertrag läuft noch bis Saisonende. Was haben Sie dann vor? Gibt es schon eine Anfrage seitens des SVW?
Kevin Wittke: Ja, mein Vertrag läuft im Sommer aus, und ich könnte mir eine weitere Zusammenarbeit mit dem SV Waldhof sehr gut vorstellen, am Liebsten natürlich nächstes Jahr in der dritten Liga . Da die Situation leider nicht ganz so einfach ist, was die Zukunftsplanung des Vereins betrifft und selbst wir Spieler noch nichts Genaues wissen, wie es weiter gehen soll beziehungsweise wird, gab es bislang noch keine Gespräche, nur angedeutete Tendenzen.
Transfermarkt.de: Sie sind erst 24 Jahre jung. Was haben Sie noch für Ziele?
Kevin Wittke: Meine Ziele für die kommenden Jahre gehen dahin, mich stetig zu verbessern und bei Möglichkeit die eine oder andere höhere Liga kennen zu lernen .
Transfermarkt.de: Was machen Sie, wenn Sie nicht gerade Fußball spielen?
Kevin Wittke: Wenn ich nicht gerade Fußball spiele, bin ich eigentlich mit unserer “Pokerrunde” am pokern, bei gescheitem Wetter auch gerne draußen am Grill. Ist uns das zu eintönig, sind wir auch ab und an mal beim Fußballgolf zugange, um unser Handicap zu verbessern.
Transfermarkt.de: Bitte erzählen Sie eine Anekdote aus Ihrem Fußballerleben.
Kevin Wittke: Als A-Jugendlicher durfte ich bei den Profis vom FCC in einem Hallenturnier mitkicken. Als wir das zweite Spiel verloren hatten, bekamen wir eine Standpauke vom Allerfeinsten, die ich niemals vergessen werde. Und ich mit meinen 17 Jahren habe in dieser Standpauke vor gesammelter Mannschaft mein Fett wegbekommen, aber nicht wegen meiner Leistung, sondern wegen meiner Haare! Der Trainer war etwas erzürnt wegen meiner etwas längeren Haare, und meinte, ich sollte doch zum Friseur gehen oder ansonsten nach Hollywood, um dort eine Karriere als Filmstar zu starten, ich hätte gute Chancen…Bums, das hatte gesessen, aber zum Glück entschuldigte er sich am nächsten Tag, so dass ich nicht nach Hollywood musste…
29.05.2009, Quelle:
transfermarkt.de